3 Gründe für eine hirnorientierte Führungskultur – und praktische Tipps für Führungskräfte

Neurobiologische Ansätze in der Führungslehre, auch Neuroleadership genannt, gibt es schon lange. Ein Grund für uns, einmal genau hinzusehen, wie das Verhalten von Führungskräften die Gehirnaktivität und das Verhalten von Mitarbeitern beeinflusst.

Durch ein gutes Verständnis der neurobiologischen Grundlagen können Führungskräfte eine Umgebung schaffen, die die Motivation, Leistung und das Wohlbefinden der Mitarbeiter fördert. Mit oft nachhaltigen positiven Effekten für ein produktives Miteinander von Führungskräften und Mitarbeitenden.

Inhalt

Wie funktioniert das Gehirn?

Das Gehirn steuert das denken, fühlen, bewegen, sprechen und vieles mehr – permanent und in Echtzeit entstehen Gefühle und werden verarbeitet. Das Gehirn besteht aus verschiedenen Bereichen. Jeder Teil hat eine bestimmte Aufgabe – wie in einem Team.

Großhirn
Das Großhirn ist der größte Teil des Gehirns, oben im Kopf und hat zwei Hälften: eine rechte und eine linke. Jede Hälfte steuert die gegenüberliegende Körperseite.
Das Großhirn ist zuständig für: Denken, Planen, Sprechen, Verstehen, Erinnern, Bewegen, Sinne wahrnehmen (Sehen, Hören, Fühlen, usw.)

Kleinhirn
Das Kleinhirn sitzt hinten, unter dem Großhirn. Es ist zuständig für: das Gleichgewicht, das Steuern von feinen Bewegungen (z. B. Schreiben, Greifen) und die feine Koordination von Muskeln.

Hirnstamm
Der Hirnstamm sitzt unten am Gehirn und ist die Verbindung von Gehirn und Rückenmark. Der Hirnstamm gehört zum autonomen Nervensystem und steuert ohne unser Zutun automatisch: Atmung, Herzschlag, Blutdruck, Schlaf und Aufwachen

Nervensystem
Das Nervensystem verbindet das Gehirn mit dem Körper über Nervenbahnen. Die Nachrichten zwischen Gehirn und Körper gehen blitzschnell hin und her.

Sehr relevant für hirnorientierte Führungskultur

Das Limbische System (Gefühlszentrum)
Das limbische System ist ein innerer Teil des Gehirns, tief in der Mitte. Ein wichtiger Teil ist die Amygdala (für Gefühle) und der Hippocampus (für Erinnerungen).

Die Amygdala steuert Gefühle wie Freude, Angst, Wut, Liebe
Der Hippocampus speichert wichtige Erinnerungen und hilft beim Lernen

Was bedeutet Gehirnforschung für moderne Führung?

Für Organisationen und deren Führungskräfte sind die Erkenntnisse der Gehirnforschung besonders relevant in Bezug auf Mitarbeiterführung und Motivation.

Die Neurobiologische Forschung sagt: Das Gehirn reagiert stark auf emotionale Reize und soziale Interaktionen. Leistung, Kreativität und Lernfähigkeit entstehen nicht allein durch Wissen, sondern durch ein lernförderliches Umfeld – mit Sicherheit, Motivation und Entwicklungsmöglichkeiten für Mitarbeitende.

Nach den Ergebnissen der modernen Hirnforschung gibt es in Organisationen mit zufriedenen und motivierten Mitarbeitenden einen wesentlichen Unterschied zu Organisationen, in denen sich Mitarbeitende durch die Arbeitswoche kämpfen. In ersteren steht der Mensch und die Ergebnisse der modernen Hirnforschung im Mittelpunkt der Führungskultur.

Für Organisationen und deren Führungskräfte sind die Erkenntnisse der Gehirnforschung besonders relevant in Bezug auf Mitarbeiterführung und Motivation.

Verstehen Führungskräfte die neurobiologischen Grundlagen menschlichen Verhaltens, sind sie in der Lage, Führung, Kommunikation und Zusammenarbeit gezielt so zu gestalten, dass Mitarbeitende ihr Potenzial bestmöglich entfalten können.

3 Gründe für eine hirnorientierte Führungskultur – und Tipps für Führungskräfte

Führungskräfte, die in Ihren Führungsentscheidungen diese 3 wesentlichen Grundbedürfnisse ihrer Mitarbeitenden berücksichtigen, verzeichnen nachweislich positive Effekte bei Mitarbeitenden und Teams.

Neurobiologisch gesehen, steuert das Gehirn neben anderen Gefühlen vor allem diese 3 Emotionen, die sich im Berufsalltag positiv auswirken.

  • Verbundenheit
  • Gestaltungsfreiheit
  • Wachstum

#Verbundenheit

Ein ganz wichtiges Grundbedürfnis ist jenes nach Beziehungen. In guten Beziehungen schütten Menschen das Bindungshormon Oxytocin aus. Es macht uns glücklich und mindert Ängste.

Das ist auch auf der Arbeit so: Wenn Führungskräfte eine gute Beziehung zu ihren Mitarbeiter:innen pflegen, geht die Wohlfühlkurve nach oben. Die Folge sind weniger Stressgefühle und mehr Selbstwirksamkeit in Arbeitsprozessen.

Für Führungskräfte bedeutet das

gute Beziehungen fördern

Wichtig im Führungsalltag ist das Fördern guter Beziehungen zu Mitarbeitenden. Das kann ganz einfach der morgendliche Gruß für alle Teammitglieder sein. Oder die ehrliche Frage: Wie geht es Ihnen heute? Aber Achtung: Achten Sie unbedingt darauf, dass es sich bei Ihrer Frage um echtes Interesse handelt. Mitarbeitende fühlen schnell, ob eine Frage ehrliches Interesse an der eigenen Person ist oder einem funktionellen Zweck dient.

Praktische Tipps für Führungskräfte

  • Lassen Sie Ihre Bürotür auf, wenn Sie nicht konzentriert arbeiten müssen.
  • Lernen Sie die Namen Ihrer Mitarbeitenden auswendig
  • Erzählen Sie auch zwischendurch etwas von Ihren Schwächen. Jeder Mensch hat Schwächen, auch Führungspersönlichkeiten. Das entlastet Ihre Mitarbeiten und zeigt Ihnen, dass auch sie sich Schwächen erlauben dürfen. Der Druck fällt weg und ein wichtiger Beziehungsbaustein ist gelegt.

#Gestaltungsfreiheit

Führungskräfte, die ihren Mitarbeitenden mehr Freiraum geben, erfreuen sich oft an motiviert arbeitenden Teams.

Moderne Hirnforschung zeigt, dass Gestaltungsfreiheit am Arbeitsplatz die Motivation, Kreativität und mentale Gesundheit von Mitarbeitenden fördert.

Wenn Menschen selbstbestimmt handeln können, aktiviert sich das Belohnungssystem im Gehirn, insbesondere der präfrontale Kortex und die Ausschüttung des Wohlfühlhormons Dopamin.

Das bedeutet: Engagement, Lernfähigkeit und Problemlösungskompetenz von Mitarbeitenden steigen an, wenn Mitarbeitende von der Führungsebene Freiraum für eigene Ideen und Kreativität erhalten. Umgekehrt führen Kontrolle und starre Strukturen oft zu Stress, der das Gehirn (die Amygdala) in Alarmbereitschaft versetzt und das Denken hemmt.

Für Führungskräfte bedeutet das

Raum für Kreativität und eigene Ideen schaffen

Wichtig im Führungsprozess ist das Loslassen starrer Strukturen. Ein Rahmen und ein Freiraum für kreative eigene Ideen schafft bei Mitarbeitenden Selbstwirksamkeit und Schaffens-Elan.

Praktische Tipps für Führungskräfte

  • Reservieren Sie die letzten 15 Minuten in Meetings für neue Gedanken und Ideen. Eine kleine Box, aus der Sie einen Ideen-Zettel ziehen, bringt frischen Wind und einen kleinen Impuls für Mitarbeitende, dass sich aktiv zu beteiligen an der Gestaltung der Organisation, willkommen ist.
  • Kultivieren Sie eine Lobkultur für gute Ideen. Fördern Sie, dass Mitarbeitende gute Ideen von Kolleg:innen hervorheben und loben. Beispiel: Ich fand die Idee von xy gut, dass…. Das erleichterte mir…
  • Sind neue Ideen zu zahlreich, um sich mit allen zu beschäftigen, bilden Sie ein freiwilliges Ideenkomitee, dass vierteljährlich wechselt und sich alle 3-6 Monate eine Idee aussucht, die nachverfolgt werden soll. Bringen Sie diese Ideen und den Prozess auf Ihre Website und nutzen Sie so den positiven und nahbaren Außeneffekt.

#Wachstum

Wachsen im Sinne persönlicher und beruflicher Weiterentwicklung ist aus Sicht der modernen Hirnforschung essenziell für die geistige Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Mitarbeitenden.

Das Gehirn ist auf Lernen und Entwicklung ausgelegt; neue Erfahrungen und Herausforderungen fördern die Neuroplastizität, das bedeutet: die Fähigkeit des Gehirns, sich strukturell und funktionell anzupassen, steigt an.

Kreatives Denken und der innere Antrieb für gute Leistungen sind die Folge von Lernen und Entwicklungsmöglichkeiten in Unternehmen – im Prinzip so etwas wie der essentielle Kraftstoff für das Gehirn.

Für Führungskräfte bedeutet das

Lernziele aufstellen und nachverfolgen lassen

Lernen macht glücklich. Führungskräfte, die Mitarbeitende gezielt mit Learnings ausstatten, verbuchen glückliche Teams.

Praktische Tipps für Führungskräfte

  • Kultivieren Sie eine wohlwollende Fehlerkultur, indem Sie bei allen Fehlern nicht an den Schuldigen fragen, sondern nach dem Learning. Halten Sie die Ergebnisse fest und erfreuen Sie sich an weniger verspannten Teams, die verstanden haben, dass Lernen ohne Fehler nicht geht.
  • Fragen Sie bei Mitarbeitergesprächen neben den Zielen auch nach Verhaltenszielen, die sich aus Learnings im vorausgegangenen Jahr ergeben haben. Kultivieren Sie den Gedanken, dass das Leben daraus besteht, Aufgaben mutig anzugehen, aus Fehlern zu lernen und mit einer neuen Sichtweise die Aufgabe besser bewältigen zu können.
  • Lernen Sie jeden Tag selbst, wie gut Sie sich fühlen, wenn Sie als Führungskraft jeden Morgen aufs Neue neugierig und mit der Absicht, neues lernen zu wollen, Ihre Geschäftsräume betreten.

Übrigens: Auch Führungskräfte brauchen hin und wieder Unterstützung auf neuen Wegen. Sollten Sie das mutige und selbstbestimmte Lernen noch ein bisschen üben wollen, informieren Sie sich gerne über unser Angebot Führungskräftecoaching bei uns.
Wir freuen uns auf Sie!

FAQ

1. Was ist das limbische System und warum ist das so wichtig für hirnorientierte Führungskultur?

Das limbische System ist das emotionale Zentrum des Gehirns und spielt eine zentrale Rolle für Motivation, Bindung und soziale Interaktionen – alles wie oben beschrieben die entscheidenden Faktoren in der modernen Führungskultur.
 
Besonders bedeutsam ist die Sensibilität des limbischen Systems in Bezug auf zwischenmenschliche Signale wie Wertschätzung, Vertrauen oder Bedrohung. Eine hirnorientierte Führungskultur, die auf Empathie, Anerkennung und Vertrauen und Sicherheit basiert, aktiviert positive emotionale Reaktionen im limbischen System. Im Ergebnis steigen Engagement, Teamgeist und Lernbereitschaft.
 
Dagegen führen Angst, Druck oder Misstrauen zu Stressreaktionen, die das limbische System in Alarmbereitschaft versetzen – mit negativen Folgen für Denken, Kreativität und Zusammenarbeit.
 
Fazit: Eine moderne Führungskultur sollte sich gut auskennen mit den Gehirnstrukturen. Die emotionalen Hintergründe in Teams sind wesentliche Erfolgsfaktoren, damit Mitarbeitende gerne und erfolgreich ihren Job tun.
 
Das ist das ganze Geheimnis: Zufriedene Mitarbeitende machen gute Teams aus. Gute Teams bringen häufiger gute Ergebnisse. Gute Ergebnisse stärken Teams…..

2. Was sind die Voraussetzungen für »hirnorientierte Führungskultur«?

Damit Führungskräfte eine »hirnorientierte Führungskultur« anwenden können, braucht es eine wichtige Voraussetzung.
 
#Fehlerkultur
Eine der Hauptgründe, warum Wunsch und Wirklichkeit oft weit auseinanderklaffen. Auch Führungspersönlichkeiten mit den höchsten Idealen und bestens ausgestattetem Wissen über die Funktionsweise des Gehirns stehen auf verlorenem Posten, wenn höhere Führungsebenen keine Fehlerkultur zulassen. Eine typische Sandwichposition ist die Folge. Recht machen kann die verantwortliche Führungskraft es keinem. Fehler müssen auch von oben abgesegnet sein. Sonst gilt das Prinzip: Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Es funktioniert nicht.
 
Die Hintergründe für eine mangelnde Fehlerkultur der höchsten Entscheidungsebene können verkrustete Wertesysteme sein. Diese sollten erst aufgelöst werden. Das ist ein langer Prozess, der sich lohnt – denn erst wenn alle Fehler machen dürfen und sollen, können sich im Gehirn der Mitarbeitenden neue Lernstraßen einer gesunden Fehlerkultur bahnen.

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